Ein neues Instrument zu lernen ist spannend und herausfordernd. Für die Shamisen lernt man früher oder später dazu einen bunten Strauß an japanischen Begriffen für die Instrumententeile, Spielweisen und natürlich Songtitel. Teil 1 dieser Reihe beschäftigt sich mit den sichtbaren Teilen der Shamisen, die sicherstellen, dass ihr in Gesprächen mit anderen Shamisen-Kennern immer den richtigen Begriff zur Hand habt und alle immer vom gleichen Teil reden. 
Im Unterricht benutze ich übrigens vor allem am Anfang immer den japanischen Begriff und ein deutsches Äquivalent, um das Hirn langsam an das neue Vokabular zu gewöhnen und nicht vom Eigentlichen – dem Spielen – abzulenken 🙂 

Shamisen von A wie Azuma Sawari bis Z wie Zagane

Die Sprache dient der Vermittlung von Bedeutung zwischen zwei oder mehr Individuen. Ich bin daher der Auffassung, dass es völlig legitim ist, die Teile nicht bei ihrem japanischen Namen zu nennen, sondern sie kreativ zu umschreiben, ihnen Spitznamen zu geben und dem ganzen einen charmanten Touch zu geben – so lange das Gegenüber am Ende weiß, wovon man spricht. Insidersprech, das fernab von Konventionen hat seine Berechtigung, stellt sich aber als wenig hilfreich heraus, wenn man es mit Leuten zu tun hat, die nicht eingeweiht sind und man ihnen aber dringend genau darstellen möchte, was man mitzuteilen hat. 

In diesem Fall kann man sich auf die japanischen Begriffe verlassen, die auch internationale Shamisen-Spieler und -Kenner kennen und gebrauchen. Es ist ein bisschen wie wenn sich Wissenschaftler treffen, die nicht die gleiche Sprache sprechen, sich aber mit Händen, Füßen, rollenden Augen und den für ihr Fach üblichen Fachbegriffen (meist Altgriechisch oder Latein) behelfen und verständigen. Daher vorab ein paar kleine Tips zur Aussprache! Das S wird im Japanischen immer scharf ausgesprochen, also wie das ß in Maß. Das Z wird wie in weiches deutsches S ausgesprochen, wie das S in Sahne. O und U hintereinander (ou) sind die Umschrift für ein langes O (doukake wird also „dohkake“ ausgesprochen). CH klingt wie „tsch“ in „matschig“. Betonungen sind im Japanischen etwas knifflig, aber tendenziell eher die erste Silbe betonen als irgendeine andere, also beispielsweise azuma sawari und nicht azuma sawari.

 

 

tenjin = Kopf 天神

itomaki = Wirbel 糸巻

azuma sawari = einstellbarer Fortsatz, um das Schnarren auf ichi no ito zu erzeugen あずま触り

ito = Saite 糸

ichi no ito = erste Saite (die dicke Saite) 一の糸

ni no ito = zweite Saite (die mittlere Saite) 二の糸

san no ito = dritte Saite (die dünne Saite) 三の糸

sao = Hals 

doukake = Korpus-Schutz, der die Haut des Instruments vor der Haut des Spielers schützt 

dou = Korpus 胴 

koma = Steg  駒 

neo = Knoten, an dem die Saiten besfestigt sind 音緒 音Ton/Klang 緒 Schnur 

 

Einzelne Teile des Tenjin haben wiederum separate Bezeichnungen. Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen, sind folgende Begriffe doch nützlich, auch gerade wenn es um Reparaturen geht:

ebio: gerundetes Endstück des tenjin

itomaki: Wirbel

zagane: metallene Schutzhülse, in die die Itomaki eingepasst werden

kamigoma: metallener Steg am oberen Ende des Sao/am Übergang zum tenjin

azumasawari: mit Schraube justierbare Kante, um das Surren sawari auf ichi no ito zu erzeugen 

chibukuro: unterster Teil des Tenjin, der mit dem Sao verbunden ist

 

Im Bereich des dou lohnt es sich auch, noch etwas detaillierter in die Bezeichung der einzelnen Teile gehen. Das Bild zeigt die Unterseite des dou in der Seitenansicht.

hatomune: Übergang zwischen Griffbrett und dou

saruo: Übergang zwischen dem unteren Teil des sao und dem dou

hizagomu/dou gomu: aufklebbares Gummi-Rechteck, damit das Instrument nicht vom Schenkel rutscht

nakagosaki: der Teil des Halses, der aus dem Korpus wieder hervortritt. Bei Tsugaru Shamisen meist mit metallener Hülse verstärkt

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"Ich bin unmusikalisch." "Ich kann keine Noten lesen." "Ich habe kein Rhythmusgefühl.” - Wer sich hierin wiedererkennt, ist hier genau richtig. Schluss mit dem Unsinn! Ich veröffentliche diesen Artikel als einen der ersten überhaupt hier auf meiner Seite, weil ich es unheimlich wichtig finde, allen Betroffenen diesen Stachel zu ziehen. Jeder Mensch kann und sollte Musik machen!  Ich nehme meinen Abschlusssatz schon einmal voraus, um den Leuten, die jetzt anfangen, genervt ihren Kopf zu schütteln und die Augen zu rollen, den Wind aus den Segeln zu nehmen: Das hier ist kein Plädoyer à la "Jedes Kind ist hochbegabt" sein, denn diese Auffassung vertrete ich absolut nicht.
Also: Lesen, hinter die Ohren schreiben und weitersagen!

Musik muss sein

Jeder Mensch sollte Musik machen, denn Musik gehört mit zu den großartigsten Dingen im Leben. Jeder Mensch liebt Musik. Aber nicht jeder Mensch macht Musik. Und das, obwohl Musik Machen meiner Meinung nach den Genuss des Musik Hörens um ein Vielfaches übersteigt. Warum ist das so? Ganz einfach: Viele Menschen halten sich für “unmusikalisch” und trauen sich deshalb nicht, Musik zu machen.
Jedes Kind macht Musik, singt Lieder, tanzt seine wilden Tänze dazu, sprüht dabei vor purer Energie und Lebensfreude. Sie berauschen sich förmlich daran. Aus vielen - vielleicht sogar den meisten - dieser Kinder werden später Menschen, die später nie wieder Musik machen. Das ist furchtbar und das ist falsch! Und das will ich ändern.

 

Wie wir verlernten, musikalisch zu sein

Im Laufe der Schulzeit lernen wir viele überflüssige Sachen. Damit meine ich nicht die Dinge, die im Lehrplan stehen und die wir nur bis zur nächsten Klausur abspeichern und danach für immer in Vergessenheit geraten. Ich meine Dinge, die uns teilweise unser Leben lang begleiten. “Ich konnte noch nie mit Zahlen umgehen.” “Ich kann nicht gut vor Menschen reden.” “Ich sehe mit Pony blöd aus.” “Ich bin zu blöd für Mathe.” “Ich bin unmusikalisch.” Die Liste lässt sich noch lang weiter fortsetzen. 
Das sind alles Fehlkonzeptionen und negative Selbsteinschätzungen, die sich bei vielen von uns irgendwann mal einnisten, in unserer Kindheit und Jugend, wenn wir uns noch entwickeln und unsere Horizonte noch darauf warten, erweitert zu werden. Und seltsamerweise halten sich gerade solche kontraproduktiven Denkgewohnheiten hartnäckig und werden gar nicht mehr hinterfragt, während wir uns weiterentwickeln. Und dann stehen wir uns gerne selbst im Weg. Ich würde so gerne einen Marathon laufen, aber ich war schon immer unsportlich. Ich würde so gerne in einer Band spielen, aber ich bin unmusikalisch. 

 

Perfektionismus und Anspruch

Das Idealbild, das sich Marketingagenturen ausdenken und das in den Medien produziert und von uns reproduziert wird, verfestigt solche Gedankenkonstrukte. 
Musik und Musikalität werden bei uns in Europa seit einigen Jahrhunderten hochstilisiert. Virtuosität wird zum neuen Standard, Perfektionismus an jeder Ecke. Wir glauben Konzertkritikern, bei denen man sich teilweise fragt, wie sie morgens überhaupt noch in den Spiegel gucken können, weil sie offenbar völlig den Bezug zur Realität verloren haben, wenn sie selbst an exquisiten Künstlern der Spitzenklasse noch etwas auszusetzen haben. Es ist en vogue, vermeintliche Fehler und Mängel an anderen zu entdecken und aufzudecken. Die Imperfektion anderer wird dann auch noch zu Entertainment verwurstet: Dieter Bohlen macht Kandidaten bei DSDS runter, weil sie keinen Ton treffen - und wir lachen herzlich mit. Und werden uns selbst danach zum schärfsten Richter. 

Perfektionismus ist bei Ingenieuren, Chirurgen, in Atomkraftwerken und in anderen kleinen gesellschaftlichen Teilbereichen sicherlich anzustreben. Falsch ist aber, den Umkehrschluss zu ziehen, das alles, was nicht (zumindest annähernd) perfekt ist, unzureichend, minderwertig, schwach oder falsch ist. 

 

Musik kann jeder

Musik hat bei uns seine Natürlichkeit, seine Alltäglichkeit verloren. Ja, im Alltag strömt uns von überall Musik entgegen: Als Hintergrund in Film und Werbung, aus den Kopfhörern unseres Sitznachbarn in der Bahn, vielleicht noch als Straßenmusik auf der Einkaufsmeile. Aber das ist Musik, die wir passiv konsumieren. Aktives Musizieren, das ist uns abhanden gekommen. 
Früher hat man in der Kirche zusammen gesungen oder bei der Arbeit, eine Mutter summt ihrem Baby instinktiv etwas vor. Warum sind wir also heute so gehemmt? Musik ist so natürlich, will so selbstverständlich aus uns herausbrechen. Kinder und auch so mancher Erwachsene summen mit einem Lächeln auf den Lippen leise Melodien vor sich hin, wenn sie sich wohl fühlen, sie entspannt sind und sich freuen. Viele Sprachen - man lausche einfach mal einem angeregten Gespräch auf Italienisch, Japanisch, Französisch - sind unheimlich melodisch (Deutsch ist auf der Skala sicherlich recht weit unten angesiedelt, haha..). Musik macht glücklich. Wir sollten uns selbst nicht so beschneiden, indem wir uns diese Freude versagen.
Jetzt kommt’s, ich höre es förmlich schon: "Ich würde ja gerne ein Instrument spielen, aber.. 
Ich kann keine Noten lesen. Ich kann nicht hören, ob der Ton schief ist. Ich habe kein Rhythmusgefühl. Ich bin unmusikalisch.

Zu allem sage ich: Nein. Nix aber. Nix da “ich kann nicht”. Und vor allem: Das ist die falsche Einstellung. Wenn man etwas schaffen möchte, sich aber jeden Schritt des Weges selbst klein redet und von allen Menschen am meisten davon überzeugt ist, dass man es nicht kann, nicht schafft, nicht dazu fähig ist, dann ist das Selbstmanipulation. Das abzulegen ist nicht einfach. Sachen, die sich einmal festgesetzt haben, zu verlernen ist manchmal schwieriger als Sachen neu zu lernen. Aber es ist befreiend, es öffnet so viele neue Möglichkeiten, führt zu so viel Freude.

Ich will gar nicht davon anfangen, welche Studien das in welcher Form bestätigen und untermauern, denn wie wir mittlerweile wissen, lassen sich Leute von Fakten und Studien nicht überzeugen. Wie wäre es mit meinem gesunden Menschenverstand, meiner Erfahrung, und all den glücklichen Menschen, denen ich die Augen schon ein Stück geöffnet habe? Warum nicht einfach mal auf das Bauchgefühl hören? Denn jeder will doch, dass das wahr ist, das er fähig ist, dass er es kann, dass er es einfach nur tun muss. Das soll kein Plädoyer à la "Jedes Kind ist hochbegabt" sein, denn diese Auffassung vertrete ich absolut nicht. Aber Musik ist etwas, das uns so tief eingeschrieben ist.. Ich sage nicht, dass jeder Profimusiker werden kann und/oder sollte. Macht Musik vor allem für euch selbst. Wenn euch danach ist, macht Musik für andere. Aber macht Musik. Egal in welcher Form, in welchem Ausmaß.  

 

Ich helfe jedem, der mit sich ringt, von Herzen gerne dabei, Stück für Stück zu verstehen, dass er es kann, schafft, und tun sollte. Ich gebe euch hiermit die Erlaubnis, schief zu spielen, Fehler zu machen, nicht immer ganz im Rhythmus zu sein, euch ohne Scham und Reue auszuprobieren. Das wichtigste ist: Erstmal machen. Dann können wir zusammen an den Feinheiten arbeiten. 🙂 
w

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